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Apfelgeschichte, Apfelmärchen, Apfelzauber, Erntegeschichte, Herbstgeschichte, Herbstmärchen, Kindergeschichte, Spätsommergeschichte
Die Apfelfrau und die Kinder
Klein war sie und irgendwie rundlich sah sie aus. Ihre Wangen waren stets rosig gefärbt und rund. Apfelbackenrund. Und aus diesem apfelbackenrunden Gesicht lächelte sie jeden, den sie auf ihrem Weg durch die Straßen traf, freundlich an. Da war kaum jemand, der diesem Lächeln zu widerstehen vermochte. Selbst der griesgrämigste Griesgram nicht. Nein. Es schien, als freuten sich alle, wenn sie irgendwann im Herbst auftauchte und mit ihrem alten, dreirädrigen Kleinlaster holpernd durch die Stadt ratterte. Unterwegs machte sie immer wieder Halt, stieg aus der engen Fahrerkabine, stellte sich mitten auf die Straße und schwang ihre Handglocke. Bimmelingeling, Bimmelingeling …
„Äpfel, frische Äpfel aus neuer Ernte!“, rief sie dazu mit fröhlicher und doch auch etwas rauer Stimme. „Äpfel aus dem Apfelland! Kauft Äpfel, ihr Leute! Kauft ein!“
Und alle, die Zuhause waren, kamen mit Körben, Taschen und Tüten eiligst auf die Straße gelaufen.
„Die Apfelfrau ist da! Hurra! Die Apfelfrau ist da!“, riefen die Kinder.
Alle riefen sie es, selbst die Kinder, die sonst eigentlich kein Obst und schon gar keine Äpfel essen mochten. Sie riefen es, weil sie sich freuten. Und weil sie die Äpfel der Apfelfrau über alles liebten.
„Es sind Zauberäpfel“, sagten sie und ihre Augen leuchteten. „Sie sind süß verzaubert.“
Und noch mehr freuten sie sich, wenn die Apfelfrau auf die Tragfläche ihres Klapperlasters kletterte und mit beiden Händen in die Apfelkörbe griff.
„Fangt auf!“, rief sie den Kindern zu und warf ihnen die Äpfel weit über die Straße entgegen. „Keine Bange! Die Äpfel fliegen zu euch. Ihr werdet sie sicher auffangen!“
Und es stimmte. Jeder Apfel fand seinen Weg in apfelhungrige Kinderhände. Selbst die Kinder, denen das Bällefangen sonst nicht so gut gelang, griffen nicht daneben. Noch nie hat je ein Kind ins Leere gegriffen, wenn die Apfelfrau ihnen einen Apfel zuwarf. Es war wie ein kleines Wunder.
„Die Apfelfrau ist eine Zauberfrau mit Zauberäpfeln“, riefen die Kinder und lachten. Ihre Eltern staunten jedes Jahr aufs Neue. Und wie in jedem Jahr kauften sie in kürzester Zeit den ganzen Apfellaster leer.
Und dann, wie durch einen Spuk, war die Apfelfrau wieder verschwunden. Keiner wusste, woher sie kam und wohin sie ging.
„Ist doch klar“, sagte eines der Kinder. „Sie wohnt im Apfelland im Stamm eines großen Apfelbaums, und dorthin fährt sie jetzt zurück.“
„Klar!“ Die anderen Kinder nickten und die Erwachsenen lächelten. Sie lächelten aber nur ein kleines Bisschen, denn komisch war sie schon, die Sache mit der Apfelfrau. Irgendwie.
© Elke Bräunling
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Apfelfrauapfel?, Bildquelle © Nordseher/pixabay
klatschmohnrot sagte:
Wie schön!
Beim Lesen deiner Geschichte ist eine Erinnerung wach geworden, die lange verschüttet war. In den Ferien bei meinen Großeltern kam abends ein Junge mit einem Eiswagen hinter dem Fahrrad, er hatte auch eine Glocke dabei und wenn sie ertönte, dann liefen die Kinder der ganzen Straße zu ihm hin und umringten ihn. Nicht immer war Geld da für eine Eiskugel, die damals einen Groschen kostete und in einer Muschelwaffel, die nach Papier schmeckte, lag. Aber das Dabeisein und die anderen zu treffen, die einen mal kosten ließen, das war auch schön.
Liebe Grüße
Regina
Lavendelblau sagte:
Danke, Regina.
Solche Erinnerungen habe ich auch, doch bei uns klingelt noch heute der Apfelmann oder die Kartoffelfrau und unten im Ort oder in HD, ja, da gibt es auch den Eiswagen ab und zu noch. Vielleicht sind wir, auch die Kids, zu übersättigt, dass wir dem heute nicht mehr so viel Bedeutung bemessen? Schade eigentlich…
Liebe Grüße
Elke
Waldameise sagte:
Ach, wenn sie nur mal bei mir läutete … gern würde ich auch einen Apfel fangen und mich von der Apfelfrau verzaubern lassen …
Eine schöne Geschichte, liebe Elke, so rund und bunt wie ein guter „ungespritzter“ Apfel ;-)
Lavendelblau sagte:
Ich schick sie dir, die Apfelfrau. Sie kommt nämlich nicht zu jedem und sucht noch nach Apfelfreunden, die sich gerne verzaubern lassen … ;)
Danke fürs Kompliment zur Geschichte.
Liebe Grüße
Elke
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freiedenkerin sagte:
Bis vor einigen Jahren gab es hier in meiner Straße noch einen Kartoffelmann. Der kam auch mit so einem dreirädrigen Kleinstlaster, und läutete mit einer sehr silberhell und eindringlich klingenden Glocke…
Wie viel schöner ist es doch, Obst und Gemüse von solchen erdverbundenen, kernigen Menschen zu erstehen, und nicht in der geschickt beleuchteten, befeuchteten, nach allen psychologischen Raffinessen ausgerichteten Abteilung eines Supermarkts…
Ich wünsche dir einen wundervollen Sonntag!
Märchenflüsterin sagte:
Einen Kartoffelmann gab es bei uns früher auch. Heute sind’s nur noch die „Apfelleute“ aus dem Alten Land, die einmal im Jahr vorbeikommen, meist dann, wenn wir mit Äpfeln schon eingedeckt sind. Mein Lieblingsapfelmann wohnt übrigens in deiner Herzensheimat … ein Hofladen am Bodensee, der ganz prima ganz tolle leckere Äpfel und Birnen versendet.
Supermarkt, ehrlich, betrete ich fast gar nicht mehr dank guter Biohändler hier in der Gegend. Das fühlt sich gut an, richtig zu kaufen (was gar nicht teurer ist, nur bewusster)
Lieber Gruß
Elke
mausi61 sagte:
Ja auch ich esse gerne Äpfel jeden Morgen einen,so werde ich jetzt immer an deine kleine Geschichte denken von der Apfefrau. :)
Märchenflüsterin sagte:
Das ist schön, du Liebe! Vielleicht lächelt sie dir ja manchmal zu, die Apfefrau? ;)